Entstehung des Schützenwesen in Telgte

Das Telgter Schützenwesen ist bisher nur aus der jüngeren Zeit urkundlich bekannt. Es wird noch mancher Stunde Forschungsarbeit bedürfen, um aus der älteren und alten Zeit hierüber etwas feststellen zu können, wenn überhaupt noch etwas weiteres zu entdecken ist. Bekanntlich sind im 30jährigen sowie im 7jährigen Kriege manche diesbezügliche Akten verlorengegangen.

Vor mehr als hundert Jahren verlangte die Regierung, dass sich feste und geschlossene Schützengesellschaften bildeten, welche sich den zu entwerfenden Statuten der landrätlichen Genehmigung unterwerfen. In einer Landgemeinde soll nur eine Gesellschaft geduldet und zur Feier der Feste sollten möglichst nationale Festtage gewählt werden. Aus dem Bericht, den der Bürgermeister hierzu an den Landrat machte, ist das Schützenwesen dieser Zeit klar ersichtlich. Der Bericht hat folgenden Wortlaut:

“In gefolge der verehrlichen Verfügung vom 10.11.1829 bemerke ich vorläufig, daß hier zwey Bruderschaften, die St. Johannis-und St. Anna-Bruderschaft bestehen, die gewöhnlich jährlich einmal nach der Scheibe schießen und an diesem Tage, höchstselten an einem zweiten, eine Tanzlustbarkeit haben keine Unregelmäßigkeiten, keine Unordnungen falle dabei vor. Sie bestehen nur aus Handwerkern, und die beschränkten Vermögensumstände derselben zwingen sie, das Ganze mit geringen Kosten zu bestreiten.

Da sie indessen eine Art von Statuten haben, so sind sie wohl zu den geregelten Schützengesellschaften zu rechnen, und lege ich die Nachweise davon nach den vorgeschriebenen Rubriken, so wie die Statuten derselben in Abschrift gehorsamst bei. Vorschriften zur Einführung einer besseren Ordnung in den beyden Gesellschaften wüßte ich nicht anzugeben, indem niemals, solange ich denke, dabey Unordnungen vorgefallen sind.

Die beyden Gesellschaften in eine zu vereinigen, würde nach meiner und den Ansichten der Vorsteher der Gesellschaft nicht räthlich seyn, indem die alte Eintracht und Geselligkeit nicht würde beibehalten werden können. Der Grund liegt wohl darin, weil die Johannis-Bruderschaft aus den etwas mehr bemittelten Handwerkern, und die Anna-Bruderschaft aus den geringeren besteht.

Die ohne feste Regel und Ordnung statt findenden Schießlustbarkeiten bestehen bloss hier in der Stadt aus einem jährlichen Scheiben Schiessen der Handwerksburschen – ein Unterschied zwischen Alt- und Junggesellen ist hier nicht vorhanden.

Im Kirchspiel Telgte finden seit vielen Jahren keine Scheiben-Schiessen statt. Die Eingessenenen bestimmen Bauerschaftsweise einen König mittelst Würfel und halten dann ihre Tanzlustbarkeiten.

Im Kirchspiel Westbevern werden Bauerschaftsweise gewöhnlich alle Jahr Scheibenschiessen gehalten, u. haben die Bauern und die Kötter jede ihr besonderes Scheibenschiessen. Diese müßten allerdings vereinigt werden; wenn aber die Gesellschaften der einzelnen Bauerschaften vereinigt werden, und das Fest auf einen Tag gefeyert werden soll, mag von einer Seite gut seyn, von der ändern Seite hat es aber auch seine Nachteile, denn, da das Fest dann in der Mitte des Kirchspiels gehalten werden muss, so wird es in einem Wirtshause des Dorfs gefeyert werden müssen, anstatt dass es sonst in den Häusern der einzelnen Bauern wechselte; dieses veranlasst grössere Ausgaben, die Leute müssen zum Theil zwey Stunden weit gehen, bis sie zur Gesellschaft kommen: es finden sich Menschen ein, die nicht zur Gesellschaft gehören, und Unordnung veranlassen pp.

Übrigens dauern die ungeregelten Schiesslustbarkeiten auch alle nur einen Tag.

Wenn künftig die Schiess-Ubungen auf einen National-Feyertag festgesetzt werden sollen, so würde ich dazu den 3. August sowohl hier für Telgte als für Westbevern vorschlagen, indem dieser Tag noch in der guten Jahreszeit fällt.

Schliesslich überreiche ich die in Einverständnis mit den Vorstehern entworfenen Statuten für die hiesigen beyden Schützen-Gesellschaften gehorsamst hierneben :

  • Die Mitglieder der St. Johannis-(St. Anna) Bruderschaft versammeln sich jährlich am Sonntag vor St. Johannis bey dem dermaligen Krugherrn, und wählen hier ihren Vorstand, und den Kurgherrn für das nächste Schützenfest.
  • Der gewählte Vorstand hat die Anordnung zu dem Schützenfest zu treffen, die in den Statuten vorgeschriebene Ordnung zu handhaben, sowie auf die Befolgung der in Hinsicht der Scheiben-Schiessen bestehende polizeyliche Vorschriften zu achten.
  • Wer sich den Anordnungen des Vorstandes zu folgen, weigert, kann durch Stimmenmehrheit von der Bruderschaft ausgeschlossen werden.
  • Zur Aufnahme in die Gesellschaft eignet sich jeder, der das Mllitairdienstpflichtige Alter erreicht hat, von unbescholtenem Rufe ist, und die erforderliche Kenntnis hat, mit dem Schiess-Gewehr umzugehen; jedenfalls werden Schüler und Lehrlinge ausgeschlossen.
  • Die Aufnahme selbst geschieht durch Stimmenmehrheit.
  • Begangene, gerichtlich bestrafte Verbrechen haben die unbedingte Ausstossung aus der Gesellschaft zur Folge, und Personen, die einen unmoralischen Wandel führen, müssen nach der Stimmenmehrheit ausscheiden.
  • Der zweymal ohne erhebliche Ursachen dem Schützenfest nicht beywohnt, hört hierduch von selbst auf Mitglied der Gesellschaft zu seyn.
  • Sollen an dem Schützenfest, welches jährlich auf den 3. August festgesetzt ist, 2 hl. Messen, eine pro Vivis, eine pro Defunctis gelesen werden, wobei sich die ganze Gesellschaft zu versammeln hat.“